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Ein vorsichtiger Weltreisender

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Copyright: S. Fischer Verlag
Christoph Ransmayr ist in seinem Leben viel gereist. Er war auf allen Kontinenten unterwegs. Das Reisen, das Gehen, das Sehen und das davon Erzählen sind sein Metier. Nun erzählt er in seinem „Atlas eines ängstlichen Mannes“ (Leseprobe) von 70 Orten, die er besucht hat. Genau genommen sind es nur 69, denn einen Ort, über den er schreibt, kennt er nur aus Erzählungen seiner Frau. Welcher der 70 Orte das ist, verrät Ransmayr nicht. Er reist nicht immer in die Ferne und berichtet nicht nur von exotischen Orten wie der chilenischen Insel Sala y Gómez nahe den Osterinseln, sondern erkundet auch seine nähere Umgebung. Ransmayr stellt im Vorwort fest, dass „wir vieles, was wir von unserer Welt zu wissen glauben, nur aus Erzählungen kennen“. Das reine Rohmaterial, die Fakten sind nur totes Wissen. Geschichten müssen erzählt werden, um lebendig zu sein oder im Geist des Erzählers, Lesers (oder Zuhörers) lebendig zu werden. Der Erzähler wird zwar als ängstlich charakterisiert, ist aber nicht von seiner Angst gelähmt, sondern ängstlich im Sinne von um- und vorsichtig. Ransmayr entdeckt natürlich auch die Langsamkeit wieder: „Das Eigengewicht und Eigentimbre jeder Episode erfordert Innehalten und langsames Lese-Tempo“ (dradio.de). Für Andreas Breitenstein von der NZZ ist es ein „Buch des Zögerns und Zweifelns, Suchens und Sorgens, Innehaltens und Bedenkens“. Und es geht natürlich auch um die Vergänglichkeit und um Erinnerungen an gelebtes Leben, gesehene Orte, erlebte Begegnungen: „Es gibt wahrscheinlich kein Erzählen, jedenfalls keines, das diesen Namen verdient, in dem es nicht irgendwann um Leben und Tod ginge“, so Ransmayr in einem Interview. Die Reise endet mit einer „Ankunft“. Der Erzähler trifft flüsternde Mönchen im Himalaya, findet dort zurück in Kindheitserinnerungen und in den Schlaf. Und wessen Bruder der Schlaf ist, wissen wir ja.
Das Buch liegt auch schon als ungekürzte Autorenlesung vor.

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